Astro-Software 7: Index-files

Astrometric calibration

Könnt ihr auch vorstellen, daß wir ein Foto vom Sternenhimmel geschossen haben und am nächsten Tag nicht mehr wissen, was wir da eigentlich aufgenommen haben? Wenn ich mir die manchmal unterirdisch erscheinende Dokumentation meiner Astrobilder anschaue, so ist für mich solch ein Szenario durchaus im Bereich der Möglichkeiten 🙂

Da wäre es doch schön, wenn wir eine Anwendung hätten, die uns erzählt, was wir da eigentlich aufgenommen haben. Glücklicherweise gibt es so etwas : astrometry.net

Das, was astrometry.net tut, also das Auflösen unseres „Suchbildes“, nennt sich „astrometric calibration“.

Dabei ist es Wurscht, welchen Bildwinkel unsere Aufnahme hat. Es ist auch egal, welche Bilddrehung vorhanden ist oder in welchem Eck des Sternenhimmels die Aufnahme entstanden ist. Astrometry.net identifiziert, was auf unserem Bild drauf ist, sofern es denn zu identifzieren ist.

Da zur Identifizierung des Bildinhaltes keine weiteren Daten nötig sind, als der Bildinhalt selber, wird hier von „blind astrometric calibration“ gesprochen.

Der astrometrische Kalibrierdienst astrometric.net

Nun gibt es im Prinzip drei Möglichkeiten, astrometry.net für die Lösung unseres Problems einzusetzen.

  • Hochladen des Fotos auf nova.astrometry.net.
    Nach einer gewissen Zeit bekommen wir das Ergebnis geliefert, also unser Bild, versehen mit Sternbildlinien und Sternennamen.
  • Flickr-Gruppe
    Das Bild wird automatisch gelöst, wenn es in Flickr in der Gruppe von astrometry.net ist.
  • Lokal auf dem eigenen Rechner
    Dazu müssen wir aber Vergleichsdateien auf dem Rechner haben, an Hand derer unser Bild identifiziert werden kann, die sogenannten Index-Files.

Stellarsolver

Kstars kann astrometry.net zum Plate Solving und damit zum punktgenauen ausrichten des Teleskops verwenden. Möchte man Online lösen lassen, so ist dieser Dienst angesagt. Allerding benötigen wir dazu eine funktionierende und nicht zu langsame Internetverbindung, was des nachts auf dem Acker manchmal problematisch sein kann 🙂

Machen wir das Plate Solving intern mit Hilfe der Index-Files, können wir Stellarsolver verwenden, sparen somit die Internetverbindung und starten mit dieser Lösung einen waren Geschwindigkeits-Turbo.

Stellarsolver ist Standard in kstars.

Was genau sind diese Index-Files nun eigentlich?

Tja, das ist ein interessantes Thema.

Einen Überblick über das Thema astrometric calibration bzw. Plate Solving habe ich im zweiten Artikel dieser Astro-Software-Reihe bereits gegeben.

Wer es genauer wissen möchte, kann in dieser vierteiligen Artikelreihe nachschauen. Ist zwar Hardcore, was ich da geschrieben habe, enthält aber viele hübsche Bildchen 🙂

Index-Files

Eine Quelle für die Index-Files ist die folgende Seite:

https://data.astrometry.net

Da werden verschiedene Serien von Index-files angeboten. Von astrometry.net empfohlen wird die Serie 5200 zusammen mit der Serie 4100.

Beispiel für die Index-Files

Wie wir sehen, haben die Index-Files die Dateiendung .fits. Und es gibt eine ganze Menge von ihnen. Ich hab mir mal die Freude gemacht, das Ganze mit den dazugehörigen Bildwinkeln aufzulisten. Dazu hab ich die Index-Files aus der Serie 4200 verwendet, da die Übersicht dann so richtig schön übersichtlich wird 🙂

index-4200...  48 files   2,0 - 2,8 arcmin
index-4201... 48 files 2,8 - 4,0 arcmin
index-4202... 48 files 4,0 - 5,6 arcmin
index-4203... 48 files 5,6 - 8,0 arcmin
index-4204... 48 files 8.0 - 11 arcmin
index-4205... 12 files 11 - 16 arcmin
index-4206... 12 files 16 - 22 arcmin
index-4207... 12 files 22 - 30 arcmin
index-4208... 1 file 30 - 42 arcmin
index-4209... 1 file 42 - 60 arcmin
index-4210... 1 file 60 - 85 arcmin
index-4211... 1 file 85 - 120 arcmin
index-4212... 1 file 120 - 170 arcmin
index-4213... 1 file 170 - 240 arcmin
index-4214... 1 file 230 - 340 arcmin
index-4215... 1 file 340 - 480 arcmin
index-4216... 1 file 480 - 680 arcmin
index-4217... 1 file 680 - 1000 arcmin
index-4218... 1 file 1000 - 1400 arcmin
index-4219... 1 file 1400 - 2000 arcmin

Ist ne Menge Holz, 192 Dateien mit knapp 10 GB

Verzeichnis für die Index-Files

Als erstes erstellen wir ein Verzeichnis, in dem kstars automatisch nach den Index-Files sucht. Ich kann in kstars zwar auch ein anderes Verzeichnis vorgeben, warum aber sollte ich es mir schwieriger machen, als es notwendig ist.

mkdir -p ~/.local/share/kstars/astrometry

Index-Files installieren

Mit Installieren ist nichts anderes gemeint, also die Index-Files in das Verzeichnis zu laden, das wir gerade eben erstellt haben. Wie machen wir das aber?

Nun da gibt es ein paar Möglichkeiten. Die einfachste davon ist es, kstars dazu einzusetzen und zwar die Aufnahmesuite EKOS.

Rechts unten im Alignement-Tab von EKOS (Ausrichten heißt der, glaub ich, auf Deutsch), kann man auf die Einstellungen klicken. Nun wählt man Dateien indizieren.

Einfach auf die Index-Dateien, die man haben will, klicken. Den Rest macht kstars alleine.

Ich habe hier in den Serien 5200 und 4100 alle Dateien ausgewählt, da bei mir so ziemlich alles an Brennweiten und damit an benötigten Auflösungen möglich ist. Kstars zeigt aber, welche Dateien es für das installierte Equipment empfiehlt, so daß man nicht unbedingt alles ankreuzen muß. Macht dann das Platesolving schneller.

Apropos Geschwindigkeit. Der Download der Index-Files kann eine Zeitlang dauern. Je nach Internet- und Rechnergeschwindigkeit kann man sich dann schon ein oder zwei Gläschen Wein zur Entspannung gönnen.

Sicherung der Index-Files

Hat man die Index-Files erst einmal auf der Festplatte, so empfehle ich, sie auf einen USB-Stick zu sichern. Wenn man seinen Rechner irgendwann einmal neu aufsetzt, kann man sie dann auch ohne Internetverbindung in den entsprechenden Ordner laden.

Hinweis

Geschrieben für und getestet mit Linux openSUSE Tumbleweed.
Die Verwendung von Code, der in dieser Astro-Software-Reihe gezeigt wird, erfolgt ausschließlich auf eigene Gefahr.

Die Artikel bauen aufeinander auf und müssen der Reihe nach abgearbeitet werden, sonst klappt es nicht mit dem kompilieren.

https://sternenkarten.com/
Menüpunkt: Astro-Software

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