Der Super-GAU

Was war passiert?

Ich hatte einen Refraktor Huckepack auf mein großes Spiegelteleskop montiert, den ich sowohl als Leitrohr, als auch zum Aufnehmen über ein Filterrad verwenden wollte. Nun stimmte die Balance nicht mehr, die Montierung tat sich schwer, das alles anständig zu bewegen.

Es war schon dunkel und ich machte das Licht in meiner Sternwarte nicht an. Würde auch so gehen, das Spiegelteleskop ein wenig in der Montierung zu verschieben, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Ich öffnete die Klemmung leicht, das Teleskop bewegte sich keinen Millimeter. Also schraubte ich die Halterung weiter auf, immer noch kein Erfolg.

Ich hätte es besser wissen müssen: Teleskop so fahren, daß es von alleine in der Halterung rutscht, wenn ich die Klemmung aufmache. Hatte ich gefühlt schon tausendmal gemacht. Aber Nein, ich öffnete die Klemmung noch ein wenig, ein wenig zu viel!!!. Und schon kam mir das Teleskop entgegen.

Ich reagierte zwar schnell genug, meine kalten Finger konnten das Teleskop trotzdem nicht halten. Die 30 Kilogramm, die das Konstrukt aus den beiden Teleskopen wog, flutscbte mir durch die Finger und knallte auf die Kante des Schränkchens, in dem der Steuerungscomputer beheimatet war. Gerade so hielt ich noch eine Seite hoch, um den Refraktor zu schützen, der Rest ging den Bach hinab.

Ich löste die Kabel, die noch nicht abgerissen waren, legte das Ganze auf den Boden der Sternwarte und machte Feierabend. Ich wollte in dem Moment nicht sehen, was alles kaputt gegangen war.

An nächsten Tag machte ich Bestandsaufnahme.

Der Refraktor hatte alles gut überstanden und ging als einziges unbeschadet aus dem Unfall heraus. Stromverbindungskabel, USB-Kabel, Netzwerkkabel waren abgerissen. Die Buchse vom Motorfokus hatte sich gelockert. Zwei USB-Buchsen waren aus der Pegasus-Powerbox herausgerissen, die restlichen Buchsen wackelten bedenklich. Und das Schlimmste von allem: Der Tubus des Spiegelteleskops vor gewaltig verbeult, so daß die optische Achse nicht mehr stimmte.

Gut, die Kabel ließen sich austauschen, einige Spezialanfertigungen lötete ich wieder zusammen. In der Powerbox lötete ich die Lötstellen, die sich gelockert hatten, wieder fest. Das Spiegelteleskop zerlegte ich komplett, wusch bei der Gelegenheit gleich die Spiegel und beulte den Tubus aus, soweit es ging. Dann schraubte ich das Teleskop wieder zusammen und wartete auf eine sternenklare Nacht für einige Probeaufnahmen.

Das Ergebnis der Aufnahmen war unterirdisch schlecht. Ich konnte einstellen, was ich wollte, ich bekam es nicht viel besser hin. Ich war schon bald am Verzweifeln, da kam mir die Idee, den Spiegelabstand zu korrigieren, der bei einem RC-Spiegelteleskop ja sehr kritisch ist zu.

Sollabstand ergibt eine Brennweite von 2000mm
Istabstand ergab eine Brennweite von 2003mm
Neuer Abstand nach der Korrektur reduzierte die Brennweite auf 1995mm

Und was soll ich sagen, alles richtig gemacht. Mit dem Ergebnis bin ich so richtig zufrieden. Hat auch über einen Monat gedauert, die ganze Flickerei und Probiererei.

Hier mein Probebild in voller Auflösung: Der zunehmende Mond (Video, gestackt mit autostackert und bearbeitet mir darktable):

4 Gedanken zu „Der Super-GAU

    1. Es war ein Kampf, alles wieder so hinzubekommen, daß ich damit zufrieden bin. Es ginge noch besser, ohne Zweifel noch viel besser. Aber brauch ich das?
      Die Faszination dieses Genres bedeutet für mich: Ausprobieren, Verwerfen, Versuchen zu Optimieren. einfach Machen…
      Und wenn es dann doch wieder einmal so ein Kampf werden sollte, dann lautet mein Motto unabhängig vom erreichten Ergebnis:: Der Weg ist das Ziel.

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  1. Oh Gott, da hätte ich auch abgebrochen und erstmal ein Glas Wein eingeschenkt 😂. Du bist aber glücklicherweise jemand der handwerklich sehr geschickt ist und mit dem Lötkolben umgehen kann. Das ist ja schon die halbe Miete, vor allem letzteres kann so einige Probleme lösen.

    CS, Dimi

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