Es war ein heißer Tag gewesen an jenem 7. Juli. Seit Wochen war kein Tropfen Regen mehr gefallen und das ausgedörrte Land stöhnte unter der gleißenden Sonne. Wenn nicht bald Regen kam, würde das bißchen an Ernte, das die Trockenperiode bisher überstanden hatte, auch noch vertrocknen. Es schien, als wäre der Vegetationszyklus der Natur vollkommen durcheinander gekommen.
Die Dämmerung brach herein und brachte Linderung. Die Menschen kamen aus den Häusern und versuchten, die Pflanzen in den Gärten zum Überleben zu überreden. Dort drüben, der Tomatenstock, der vorhin noch die Blätter hängen gelassen hatte, begann sich nun zu strecken. Es schien, als freue er sich auf die Aussicht nach einer Gießkanne voll Wasser.
Um Halbelf begann es, so richtig dunkel zu werden. Die meisten Menschen gingen zurück in ihre Wohnungen, mußten sie doch morgen früh wieder zur Arbeit. Morgen war Freitag und danach Wochenende. Ob dann Regen kam, stand in den Sternen.
Die Glocke am Kirchturm schlug zwölfmal. Mitternacht! Geisterstunde! Es war ruhig geworden im Dorf.
Von Ferne hörte man das furchterregende Heulen eines wilden Tieres. Kein Wunder, wenn sich niemand mehr hinaus traute in die Geisternacht. Nur der kleine Astronom stand draußen im Garten und schaute durch sein Fernrohr. „I have loved the stars too truly to be fearful of the night“, dieses Motto hatte ihm geholfen,die Angst vor der Dunkelheit zu überwinden, wieder einmal…
Der kleine Astronom betrachtete die Milchstraße, exakt an jenem 7.Juli um Mitternacht. Warum nur hatte er sich genau diesen Zeitpunkt für seine Beobachtungen herausgesucht?
Nun, jedes Jahr am 7.7. zur Geisterstunde steht das Sternbild Schütze im Süden und hat damit seinen Höchststand über dem Horizont erreicht. Und zur Geisterstunde ist es dunkel genug, zu beobachten, was sich dort so zeigt: Das Zentrum unserer Galaxie!
Unsere Heimatgalaxie ist eine Balkenspiralgalaxie. Wir befinden uns mit der Erde in einem der Spiralarme und betrachten die Galaxie sozusagen von der Seite. Alle Sterne, die wir mit bloßem Auge am Himmel sehen, gehören zu dieser Galaxie, die im Volksmund den Namen Milchstraße erhalten hat.
Im Winter befindet sich die Milchstraße in Horizontnähe. Im Sommer dagegen steigt sie hoch in den Himmel und kann hervorragend beobachtet werden. Wir sehen in unseren Breiten aber nur eine Hälfte der Milchstraße. Für den Rest müssen wir weit nach Süden fahren. Nur wenn das Sternbild Schütze über dem Horizont sehen ist, können wir auch einen Blick ins Zentrum unserer Galaxie werfen. Das heißt, wir können es versuchen und werden es auch sehen, sehen werden wir es aber dennoch nicht!
Häh? Ist er jetzt ganz wirr geworden, der Edgar? Wir sehen das Zentrum der Milchstraße, gleichzeitig sehen wir es aber nicht? Es war wohl ein heißer Tag heute…
Ja, es war ein heißer Tag heute, wirr geworden bin ich aber dennoch nicht, auf jeden Fall nicht mehr als gewöhnlich 🙂
Das Zentrum der Milchstraße befindet sich im Sternbild Schütze.
Dort wo ich den Bogen des Schützen hingemalt habe, ist eine helle Sternenwolke, die man „Große Sagittarius Wolke“ nennt. Und direkt neben der Sternenwolke befindet sich eine dunkle Staubwolke, die alles verbirgt, was hinter ihr ist. Und das galaktische Zentrum befindet sich hinter dieser Staubwolke…
Im Zentrum unserer Galaxie befindet sich eine starke Röntgenquelle, der man den Namen Sagittarius A* gegeben hat. Man geht davon aus, daß es sich bei dieser Röntgenquelle um ein supermassereiches Schwarzes Loch handelt.
So können wir uns also merken:
Jedes Jahr am 7.7. befindet sich das Zentrum der Milchstraße oberhalb des Horizonts und ist damit beobachtbar (falls Gevatter Mond mit seinem hellen Licht nichts dagegen hat.
Übrigens..
Bei meiner kleinen Sternenkarte zum Sternbild Herkules habe ich erzählt, wie die Milchstraße zu ihrem Namen gekommen ist.
Und wer jetzt noch neugierig ist und wissen will, was es mit dem Wachstumszyklus der Natur auf sich hat, dem empfehle ich, sich die Sternenkarte zum Sternbild Jungfrau anzusehen. Dort erkläre ich, wie der Wachstumszyklus entstanden ist.